Am 3. November ist US-Präsidentschaftswahl. Medial steht das Ereignis angesichts der Coronavirus-Pandemie – zumindest hier in Deutschland – deutlich weniger im Vordergrund, als dies bei anderen US-Wahlen der Fall gewesen war. Dennoch und auch wenn sich die USA seit einigen Jahren aus dem globalen politischen Geschehen zurückziehen – weniger entscheidend für den Rest der Welt ist der Urnengang nicht.
Der Nachrichtendienst Bloomberg sieht Joe Biden in ständig aktualisierten Prognosen klar in Führung. Das „Handelsblatt“ bezieht sich am 15. Oktober auf Umfragen, in denen Joe Biden mit 51,6 % gegenüber Donald Trump mit 42,4 % die Wahl gewinnen wird. Aber selbst, wenn der Demokrat Biden derzeit knapp vorne liegt, ist noch nichts entschieden: Auch 2016 hatte niemand mit einem Sieg Trumps gerechnet. Am Ende können nur wenige Stimmen entscheidend sein. Umfragen sind ein Ausschnitt der Realität. Und nicht überall finden Umfragen statt; zudem sind Prognosen lediglich eine Näherung. Als am 2. Oktober bekannt wurde, dass Trump sich mit dem Coronavirus infiziert hatte, lautete die große Frage: Wird dieses Ereignis den Wahlausgang signifikant verändern? Rund eine Woche danach zeigten die Umfragen nicht, dass die Wähler ihm für seine Erkrankung einen Sympathiebonus geben würden. Biden hatte seinen Vorsprung ausbauen können, sowohl im bundesweiten Schnitt als auch in den umkämpften Bundesstaaten, wo er in zehn von elf leicht vorne lag. Und Trump? Der zieht nach seiner Genesung weiterhin den Sinn von Masken im Kampf gegen die Ausbreitung des Virus in Zweifel und sagte bei einem Wahlkampfauftritt: „85 % der Menschen, die eine Maske tragen, fangen es sich ein.“
Das Coronavirus ist vorherrschendes Thema des diesjährigen Wahlkampfs, aber nicht das einzige: Während Trump weiterhin niedrige Steuern für Unternehmen, weniger Regulierung etwa im Energie- und Finanzdienstleistungssektor, eine aggressive Handelspolitik und mitunter weniger Konjunkturhilfen fordert, steht Biden für höhere Unternehmenssteuern, mehr Regulierung, dafür aber wahrscheinlich auch mehr Konjunkturhilfen. Zudem legt er bei der Außenpolitik den Fokus auf Allianzen und Multilateralismus. Beide Kandidaten möchten die Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente reduzieren und fordern höhere Infrastrukturausgaben. Auch wenn ihre Programme also teils sehr unterschiedlich sind, das Wachstum der US-Wirtschaft, das auch für die Kapitalmärkte entscheidend ist, steht im Fokus beider Präsidentschaftskandidaten. Nur ist der Weg dahin und der dafür angesetzte Zeitraum jeweils ein anderer.
Die Aktienmärkte reagieren derzeit nervös auf jede Form von Unsicherheit: Steigen die Corona-Fallzahlen, geben die Kurse nach. Besteht Hoffnung auf ein baldiges Hilfspaket, steigen sie. Und so wird auch jede Äußerung und jeder körperliche Zustand beider Kandidaten genauestens verfolgt. Die aktuellen Rahmenbedingungen wie ein niedriges Zinsumfeld stützen die Aktienmärkte. Unabhängig vom Ausgang der Wahl, wird wohl jeder neue Präsident die Wirtschaft mit umfangreichen Hilfspakten unterstützen. Wir gehen davon aus, dass Aktien kurz- bis mittelfristig davon profitieren werden und gewichten diese derzeit leicht über.